Donnerstag, 27. Dezember 2007

Good old Germany

Deutschland hat mich wieder. Menschen im Weihnachtsstress, Staus auf den Autobahnen, überquellende Einkaufstüten mit trendigen, aber überflüssigen Errungenschaften, Sorgen um verwischte Kajalstriche und Klagen über den Kontostand.
Nach einer Woche Deutschland bin ich noch immer nicht vollends angekommen. Das einfache, humorvolle und ruhige Leben der Reservatsbewohner, das von echten Sorgen bestimmt war und sich dennoch nie beschwerte, hat mich zu stark beeinflusst. Ich fühle mich plötzlich unwohl in Menschenmengen und schüttele den Kopf bei den Sorgen mancher Menschen hier. Hinzu kommt der Jetlag, der mich die halbe Nacht wach hält. Oder ist es die Ruhe, die mich um den Schlaf bringt? Keine Sirenen, kein Hundegebell, kein Wind, der an den Fenstern rüttelt.
Keine Frage: Ich vermisse die Prärie und meine Freunde wie wahnsinnig. Aber ich weiß auch, dass es nicht lange dauern wird, bis ich wieder in meinen deutschen Alltagstrott verfalle. Zu diesem gehören natürlich auch Dinge, die ich in South Dakota vermisst habe. Mein erster Besuch in der Heimat galt der Badewanne, verbunden mit einer wohl duftenden Haarpackung und einer dreifachen Schicht Bodylotion. Zum ersten Mal seit Monaten kann ich so richtig entspannen. Mein Körper freut sich so sehr darüber, dass er erst einmal eine fette Erkältung sponsert, um mich ein wenig ans Bett zu fesseln. Auch meine Hände verwandeln sich langsam wieder von zerkratzten und rauen Bauernhände in normale Frauenhände, und die Augenringe, die mich in letzter Zeit davon abhielten, in den Spiegel zu schauen, sind wie von Geisterhand verschwunden.

Die letzten Tage im Main waren bestimmt von den Vorbereitungen für den Toy-Drive. Die Auswahl der Geschenke für die einzelnen Kinder hat wahnsinnig viel Spaß gemacht und uns für all die vorherige Schlepperei entlohnt. Ich habe in Deutschland schon immer mit Begeisterung an der Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ teilgenommen, aber noch schöner ist es, wenn man mit Hilfe der Wunschzettel die konkreten Wünsche der Kinder erfüllen kann! Während der Weihnachtsvorbereitung hatten wir hilfreiche Unterstützung von Sabine aus Dresden, die selbst im Jahre 2000 als Volontärin im Main arbeitete und seitdem regelmäßig ins Reservat zurückkommt. Sie ist zudem die Betreiberin der Seite
www.indianer-reservation.de und hat mich damals bei meiner Entscheidung, als Freiwillige ins Main zu gehen, großartig unterstützt. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, Sabine endlich persönlich kennen zu lernen. Sie hat natürlich auch Wokini und das Fohlen besucht, von denen sie schon einiges gelesen hatte. ;-)


An meinem letzten Tag gab es dann noch ein überraschendes Ereignis, über das ich bis heute nicht so richtig hinweg komme: Tamara und Douglas haben geheiratet, und ich war Trauzeugin! Naja, nicht allzu phänomenal, wäre da nicht die kleine Tatsache, dass der eigene Sohn Rocky noch nicht einmal anwesend war! Anscheinend war es Tamara und Doug wichtiger, mich dabei zu haben. Lange vor sich hergeschoben, nahmen die beiden nun meine Abreise zum Grund, die Sache endlich hinter die Bühne zu bringen. So wurde denn eben mal ruck, zuck von der Turnhalle ins Standesamt gedüst, dort schnell geheiratet, um anschließend wieder zurück zur Arbeit zu hetzen. Kurz und schmerzlos. Vor allen Dingen aber lustig: Vor und während der Zeremonie wurden derart viele Witze gerissen, dass es mir schwer fiel, zu glauben, gerade an einer Trauung teilzuhaben (meine erste wohlbemerkt). Die Rechtsanwältin mit grauen langen Haaren und schwarzer Robe versuchte vergeblich, ihre ernste Miene zu bewahren…

Die öffentliche Hochzeitfeier findet im Sommer am Cheyenne River statt. Die Einladungen werden aber erst verschickt, wenn ich meine Flugdaten weiß ;-)))



Der Rückflug verlief in geordneten Bahnen. Keine Autos im Triebwerk und somit keine Verspätungen. In Deutschland sind wir dann direkt in einen 15 km langen Stau geraten. Ich sag Euch – wenn man nur noch Highways gewöhnt ist, in denen einem jede viertel Stunde ein Auto entgegen kommt, dann bekommt man in solch einem deutschen Autogetümmel einen leichten Anfall von Panik!


Fazit: Rückkehr = Melancholie x Reizüberflutung

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Tja- willkommen zu Hause...!!
Kommt mir alles sehr bekannt vor, was Du kurz nach Deiner Heimreise so empfunden hast...
Ich hoffe, Du hattest schöne, geruhsame Weihnachten und rutschst jetzt bestens ins neue Jahr. Alle guten Wünsche für 2008- Gesundheit, dass das Referendariat gut läuft und natürlich dass es mit einer Rückkehr nach Eagle Butte klappt!
Liebe Grüße-
Sabine:-)
PS: Bin auch wieder gut gelandet.