Montag, 26. November 2007

Heiliges Land der Lakota #2: Die Badlands

Die Badlands im Südwesten von South Dakota bieten einen einzigar-tigen Anblick. Alles erscheint sandfarben, fast weiß, und die seltsamen Formen des Gebirges wirken zugleich unheimlich und wunderschön. Vor mehr als 35 Millionen Jahren befand sich hier ein riesiger Salzwassersee, der sich später in ein Sumpfgebiet verwandelte. Dieses Marschland verschlang die Überreste von Säugetieren wie dem Säbelzahntiger und wurde schließlich komplett von weißer Vulkanasche bedeckt. Heute hat man das Gefühl, über Marmor zu laufen, der sich unter den eigenen Füßen in Sand verwandelt. Die Steine lassen sich zwischen den Fingern zerbröseln, und man hat ständig Angst, dass der Grund unter den Füßen in Asche zerfällt und dich mit in die Tiefe reißt. Die Badlands sind sicherlich ein atemberaubender Anblick für die Augen, aber wer die Kondition und den Mut hat, sollte sich die Chance auf eine abenteuerliche Klettertour nicht entgehen lassen. Da man sich in den Badlands leicht verlaufen kann, sind für die Touristen extra Kletterpfade angelegt worden, die einen unter anderem eine extreme steile und extrem schaukelnde, brüchig wirkende Stufenleiter hoch und wieder runter jagen. Adrenalin pur!
Soviel Spaß diese Trails für Touristen wie mich bedeuten – für die Indianer sind sie ein Eingriff in ein höchst heiliges Land. Die Sioux tauften diese seltsamen Formationen der Natur “Mako Sica” – wörtlich übersetzt “Land schlecht”. Frühe französische Trapper entlehnten dies in ihre Sprache als “Mauvaises Terres `a Traverser", “schlechtes Land zum Durchreisen”. Man nennt das Gebiet passenderweise auch “Hölle mit offenem Feuer”
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. "the beauty and the strangeness of the earth" (BLACK ELK)
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Aber genug der Worte. Folgt nun dem Link und verliebt Euch beim Anblick der Bilder in ein Land, das weitaus schöner ist, als sein Name es vermuten lässt.

Dienstag, 20. November 2007

Freitag, 16. November 2007

Diskussionsthema der Woche: Wie kann ich mich entladen?

Das Problem: Ich bin ein statisches Monster.

Die normale Situation: Ich packe an die Türklinke und bekomme einen gezockt.
Normale Reaktion: Ich ziehe die Hand schnell zurück und sage mit einem entsetzten Gesichtsausdruck “aaaah”.

Die schwerwiegendere Situation: Ich bekomme alle paar Minuten einen gezockt, und dabei ist es egal, was ich anfasse. In dieser schwerwiegenderen Situation kann es des öfteren vorkommen, dass ich meine überschüssige Energie an unschuldigen Mitmenschen entlade, die sich daraufhin schnell von mir zurückziehen und mit einem wütenden Gesichtsausdruck vorwurfsvoll “aaah” sagen.

Die Extremsituation: Ich fasse an den Lichtschalter und bekomme dermaßen einen gewischt, dass mein rechter Mittelfinger und mein rechter mittlerer Zeh mehrere Minuten lang schmerzen wie Sau. Während meine Hand den Lichtschalter berührt, entlädt sich dort ein blauer Blitz in Form einer Kugel so groß wie eine Murmel (und das ist NICHT übertrieben).
Extreme Reaktion: Ich kreische auf wie nie zuvor und hüpfe auf dem linken Bein im Kreis herum, bis mir aufgeht, wie dämlich das aussehen muss. Mein Herz rast wie bescheuert und ich hätte grad mal Lust zu heulen.

Die negativen Folgen meiner Erfahrungen als Blitzableiter: Ich habe mich durch das traumatische Erlebnis mit dem Lichtschalter in ein ängstliches Weichei verwandelt, das jedesmal, bevor es Lichtschalter oder Türklinken anfasst, erst einmal einen Fuß aus dem Birkenstock holt und auf den Boden setzt (sowas nennt man Do-it-yourself-Erdung) und mit der Fingerspitze vorsichtig mehrmals auf die Türklinke oder den Lichtschalter tippt.

Leute, ich brauche professionelle Hilfe!! Wer hat ähnliche Erfahrungen und kann mir Tipps geben? Das Diskussionsforum ist hiermit eröffnet. Ich hoffe auf Eure Unterstützung!! (Ansonsten ende ich beim nächsten Haareföhnen noch als gegrilltes Huhn....)

Mittwoch, 14. November 2007

Rückblick #3: The last of the Germans

Deutschland, in 5 Wochen hast du mich wieder!

Dieser Gedanke schwirrt mir immer öfter im Kopf herum. Er vermischt sich mit Vorfreude auf Heimat, Familie und Freunde, und dreht mir gleichzeitig den Magen um bei dem Gedanken, meine zweite Heimat, zweite Familie und neuen Freunde zu verlassen. Aber so ist es im Leben: Ein Kommen und Gehen, hallo und auf wiedersehen.
Kristina ist seit zwei Wochen wieder zurück in Deutschland, sodass ich die einzige Deutsche im Main bin. Wir sind nun nur noch zu dritt, und wenn Mandi nächste Woche zurück nach Pennsylvania geht, sind Ben und ich die letzten Freiwilligen hier. Die ängstliche Frage, wie man zu zweit die Horde Kinder unter Kontrolle bringen kann, hat sich dank dem Weihnachtsmann erledigt: Pünktlich zum Adventsbeginn schließt das Main, da zu dieser Zeit die Weihnachtsvorbereitungen beginnen (mehr dazu demnächst).
Die Anzahl der Kinder hat sich im Durchschnitt auf 50 pro Tag erhöht. Ich erinnere mich an diesen einen Samstag, als wir 60 Kinder im Main hatten und anschließend beinahe Amok gelaufen wären. Wenn wir nun 60 Kinder unterhalten müssen, ist es fast schon Routine. Mit der Anzahl der Main-Besucher hat sich auch das Alter der Kids und die Zahl der Zwischenfälle erhöht. Wir haben mehr und mehr Jugendliche, die hier “abhängen”, und mehr und mehr Schlägereien & Co. Die Großen bauen Mist, und die Kleinen machen es ihnen nach, weil sie ebenso cool sein wollen. Normales Verhalten von Kindern und Jugendlichen eben.
Ich muss an dieser Stelle lachen, denn vieles, was mich vor drei Monaten noch zur Verzweiflung getrieben hätte, ist für mich mittlerweile normal. Letzten Samstag habe ich wortwörtlich in die Scheiße gerafft, weil irgendein Kind die lustige Idee hatte, seinen (?) Kot über den kompletten Lichtschalter im Bad und an die gegenüberliegende Wand zu schmieren. Am nächsten Tag wurde die Scheibe über meinem Kopf im Wohnzimmer eingeschlagen, als ich gerade gemütlich auf dem Sofa lag und DVD schaute. Gleich zweimal mussten wir letzte Woche die Polizei rufen, da ein paar Teens urplötzlich ausrasteten und angriffslustig wurden. Ich weiß nicht, ob ihr mich überhaupt noch Ernst nehmt, aber: Ich liebe die Kids und werde sie vermissen!
Seit sechs Wochen läuft unsere “Main University”, zu deren Rektorin ich auserkoren wurde (ich hab’s damit in die lokale Zeitung geschafft): Acht Wochen lang bieten wir täglich von montags bis donnerstags verschiedene Kurse an, die alle Kinder zwischen 4 und 14 Jahren besuchen dürfen. Im Angebot befinden sich: “Tour of the World”, eine Art Geographie-Kurs für die jüngeren Kinder; “Storytelling”, ein Kurs, der mit der Aufführung eines Puppenspiels endet; “Gods and Heroes”, ein Kurs über griechische Mythologie; “Spanish”, Kristinas Spanischkurs, der mit ihrer Abreise leider geendet hat; und “The Main’s Newspaper”, mein Kurs, in dem wir zusammen eine Zeitung gestalten. Ich hätte nie gedacht, dass es so schwer sein wird, die Kinder zu motivieren. Ihre Lesefähigkeit liegt weit unter dem Durchschnitt, und es fällt ihnen wahnsinnig schwer, eine Stunde konzentriert zu arbeiten. Eine gute Herausforderung für eine künftige Lehrerin.
Die Arbeitszeit hat sich auch mal wieder geändert: Das Main schließt nun wegen der Wintermonate und der schwindenen Zahl an Volontären um 19 Uhr statt um 20 Uhr. Zudem werden wir nächste Woche eine Gruppe zu Besuch haben: 16 sechzehnjährige Jungen einer High School, die allesamt in unserer Bibliothek schlafen werden und permanenter Aufsicht bedürfen. Herrje, das wird ein Spaß! (Definition Ironie: Eine Äußerung, die oft das Gegenteil des Gesagten meint.)
Nächste Woche Donnerstag ist Thanksgiving (Erntedankfest), das hier wie Weihnachten gefeiert wird. Im Grunde bedeutet dies: fressen bis der Arzt kommt.
Das Wetter ist typisch süddakotisch (nettes Adjektiv): sonnig, kalt, warm, arschkalt, T-Shirt-warm, windig, stürmig, Warten auf Schnee. Im Durchschnitt hält sich die Temperatur beim Gefrierpunkt. Das Schöne: Es scheint fast immer die Sonne.
Ansonsten gibt’s nicht viel Neues. Mein Notebook ist aus unerklärlichen Gründen kaputt (der Bildschirm ist zerstört, so als ob jemand mit einem Gegenstand auf ihn eingehauen hätte), Wokini wächst und wächst, das Fohlen ist immer noch im Garten (aus zwei Wochen Notunterkunft ist ein Holiday-Inn für verwaiste Mustangfohlen geworden), ich habe momentan meine erste Mehr aktuelle Bilder von Wokini im Fotoalbum #3 saftige Erkältung (weil ich ohne Winterjacke im eisigen Wind zum Dairy Queen gestiefelt bin, um dort ein Eis zu essen...), und ich habe mich Freitag auf der Main Street zum Affen gemacht, als ich dort als eine Kreuzung aus Teletubby und Glücksbärchen verkleidet Spenden gesammelt habe. Als ich zwei Tage später an der Tankstelle im Auto saß, zeigte ein älterer Mann auf mich und sagte zu einem anderen älteren Mann: “Look, there’s the Teletubbie again!

“Only laughter can save us.” (SHERMAN ALEXIE)