Sonntag, 12. August 2007

The new World

Die Reise

Meine Aufregung waehrend der letzten Tage vor der Abreise kann ich nicht in Worte fassen und werde es auch gar nicht erst versuchen. Doch sobald man sich am Flughafen auch von seinen letzten Lieben mit Traenen in den Augen verabschiedet hat und sich zum Check-In begibt, betritt man bereits die andere Welt. Etwas ernuechternd ist es allerdings, wenn einer der Sicherheitsbeamten fragt, ob man im Muenchener Hofbraeuhaus gewesen sei und diese Frage mit der Erklaerung rechtfertigt, man sehe schliesslich aus wie eine Kampftrinkerin. Wie bitte???? Wir haben zwar einen Abend zuvor meinen Abschied ein wenig gefeiert, aber sooo schlimm sah ich nun auch wieder nicht aus…?!?!!
Nach der elenden, Flughafen-typischen Warterei sassen wir dann endlich puenktlich und abflugbereit im Airbus und wollten gerade starten, als der Pilot in einer Durchsage verkuendete, dass ein Auto (!!) in unser Triebwerk (!!) gefahren sei und wir nun wegen eines Motorschadens nicht starten koennten. Wie selten daemlich ist das denn?? Also mussten wir ueber zwei Stunden im kaputten Flieger warten und schliesslich in ein anderes Flugzeug umsteigen. Mit ueber drei Stunden Verspaetung ging es dann endlich los.
Natuerlich habe ich in Denver, Colorado, meinen Anschlussflug nach Pierre, South Dakota, verpasst und verbrachte meine Nacht in einem sehr noblen Hotel (von United Airlines bezahlt). Gestern nahm ich dann die Maschine um 12.45 Uhr nach Pierre. Naja, “Maschine” ist wahrscheinlich ein wenig uebertrieben. Es war ein Miniflugzeug, in das gerade mal 19 Passagiere passten und welches mich an ein Militaerflugzeug erinnerte. DAS war ein Erlebnis! Herrlich! Die Aussicht! Der Laerm! Die Enge! Es war fantastisch! Viel besser als ein riesiger, klimatisierter, leiser Airbus mit TV und Boardpersonal! :-)
Der Flughafen in Pierre war einfach nur suess, anders kann man ihn nicht beschreiben. Ein kleines Holzhaus, that`s it. :-) Dort wurde ich von Scott, 52, der ebenfalls ein Volontaer im Main ist, abgeholt. Nachdem wir in Pierre, der Hauptstadt von South Dakota, Fast Food (was sonst?) gegessen hatten, machten wir uns auf den Weg ins Reservat. Dies bedeutet: 90 Meilen durch die Praerie. Nichts als endlose Weite, blauer Himmel und gelbes Gras. Auf dem Highway kommen einem ab und zu Trucks und Biker entgegen. Scott erzaehlt, dass diese Woche hier in der Naehe ein riesiges Bikertreffen gewesen sei, mit 300.000 Teilnehmern. Wohlbemerkt: South Dakota hat 400.000 Einwohner….! Einmal fahren wir an ein paar Haeusern vorbei und Scott erklaert, dass dieser “Ort” sogar auf der Landkarte vermerkt sei!
Irgendwann schimpft Scoot: “Shit, the police!” Ich schaue in den Rueckspiegel und sehe, dass uns ein Polizeiauto verfolgt, unauffaellig zunaechst. Doch es dauert nicht lange, bis das Blau- (und Rot-) Licht angeht und wir rechts ranfahren muessen. Ich komme mir vor wie im Film, wo die Typen mit Drogen oder gefesselten Menschen im Kofferraum angehalten werden und ebenso vor sich hinfluchen, wie Scott es gerade tut. Ich derweil freue mich wie ein kleines Kind :-D Nachdem Scott 85 Dollar fuer zu schnelles Fahren belchen musste, fahren wir weiter. Und irgendwann – es scheint wie eine Ewigkeit – kommen wir in Eagle Butte, dem Zentrum vom Reservat, an.




Die Ankunft



Ich sehe eine Tankstelle, Fast Food – Restaurants, Shops, Supermaerkte, einen lustigen Wasserturm, in dem Wasser gespeichert wird (die stehen hier ueberall rum), bunte Haesuer - und keine Menschenseele. Wir halten an einem Supermarkt und kaufen ein paar Dinge fuer mich ein. Der Laden erinnert an die englischen ASDA – Supermaerkte, nur kleiner und schaebiger. Inwiefern hier alles teurer ist, kann ich noch nicht sagen, da ich noch kein Gefuehl fuer den US-Dollar habe. Jedenfalls gibt es auch hier – wie in England – nur weiches Toastbrot…. :-(
Es dauert nicht lange, und wir halten vor zwei relative grossen Gebaeuden: Rechts das Youth Centre “The Main” und links daneben der 2005 erbaute Teen Centre. Ich werde wie alle anderen Volontaere im Main wohnen. Als ich es betrete, ueberkommt mich die absolute Reizueberflutung: Ich lerne auf einen Schlag die restlichen fuenf Volontaere neben Scott und mir kennen: zwei deutsche Maedels, ein US – Junge und ein US – Maedchen und zwei Maedels aus England, alle zwischen 19 und 25 Jahren alt. Das Main hatte bis dato noch nie so viele Volontaere hier! Morgen kommt sogar noch eine Gruppe mit zehn Leuten, die fuer eine Woche bleibt. Fuer mehr als 18 Leute ist in den beiden Centern auch kein Platz.
Ich springe eben unter eine kalte Dusche und weiter geht`s. Wir fahren alle auf ein Rodeo (im Autodradio lauft uebrigens Falcos “Amadeus”!! Schon in England war der erste Song, den ich im Radio gehoert habe, ein Deutscher: “99 Liftballons” von Nena! Was hat das wohl zu bedeuten….?). Und schon wieder habe ich das Gefuehl, in einem Film zu sein: Eine Art Arena voller (ueberwiegend weisser) Zuschauer, die die Verkoerperung des Cowboyklischees darstellen und unzaehlige Reiter im Westernoutfit auf wunderschoenen Appaloosas, Mustangs und anderen Pferden. Die Show ist aufregend, die Sturze sind spektakulaer und mehr als einmal halten alle die Luft an, um anschliessend in tobenden Applaus auszubrechen. Das Programm ist vielfaeltig: von Rodeo auf Pferden und Rindern ueber das Einfangen von Kaelbern mit Lasso oder blosser Hand vom Pferd stuerzend bis hin zum sogenannten “Barrel Race”, bei dem ein durch drei Oelfaessern markiertes Dreieck so schnell wie moeglich umritten werden muss. Also Action pur. Wobei sich mir manchmal der Magen umdreht, wenn ich mit ansehen muss, wie die Pferde stuerzen oder in Panik gegen den Zaun rennen…..
Ja, das war also mein erster Tag im Res. Genug wilder Westen war`s allemal. Dennoch: Obwohl ich mich mitten in einem Indianerreservat befinde, habe ich kaum Indianer gesehen. Auch Eagle Butte erinnert nicht wirklich an die Vorstellungen, die man gemeinhin von Indianerreservaten hat. Aber genau deswegen bin ich ja hier: Um die Wahrheit kennenzulernen! Und die wird mich wohl noch oefter ueberraschen…..




2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hey mein Herz,
du schreibst ganz toll, ich bin richtig gefesselt von dem was du so berichtest...freu mich ganz tierrisch auf mehr!!! Kuss Carolin

Anonym hat gesagt…

hi judith!

sooo groß ist der unterschied zwischen brachbach und dem indianerreservat wohl nicht, oder? :))

lass es dir gutgehn, wir lesen immer deine berichte und freuen uns über neues.

lg von den münchnern steffi und franziska